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Eine Zukunft mit Hoffnung
kostet in Mumias
CHF 40.– monatlich

Der Vereinspräsident des Mumias Kids Centre, Michael Merkt, besuchte diesen Frühling das Kinderheim in Mumias, Kenia. Anlässlich seines Besuches erhältst du eine Abschrift des
Interviews von Michael Merkt (MM) mit Elizabeth Wahl (EW), Leiterin des Mumias Kids Centre in Kenia, aufgezeichnet bei seinem letzten Kenia-Aufenthalt im Frühling 2022

 

Michael Merkt Interviewt Elizabeth Wahl in ihrem Zuhause.

MM: Wir sind hier bei Elizabeth in ihrem Haus in Mumias. Ich glaube, ich war vor fast zwölf Jahren das erste Mal auf dem Mumias Gelände, und damals war hier alles nur Wiese. Elizabeth, bei diesem Mumias-Projekt geht es ja um die Kinder. Wir möchten Kindern, die entweder kein Zuhause haben oder in schwierigen Verhältnissen stehen, helfen, im Leben Fuss zu fassen, und ihnen eine Zukunft schenken, indem wir sie bei ihrer Ausbildung unterstützen, damit sie danach ihr eigenes Leben erfolgreich bestreiten können. Nun hast du dieses Projekt während zehn Jahren aus der Schweiz geleitet. Jetzt erleben viele Kinder, dass du zurückgekommen bist, dass du hier wohnst und lebst und nicht mehr nur auf Besuch kommst. Wie haben die Kinder auf diese neue, veränderte Situation reagiert?

EW: Am Anfang haben mich die Kinder gefragt, weshalb ich denn nicht wieder zurückgehen könne, um ihnen immer wieder neu Schokolade mitzubringen. Doch mit der Zeit haben sie festgestellt, was es bedeutet, Mama ständig um sich zu haben. Ich habe viele Schulbesuche gemacht, um mich selbst von ihrer Zufriedenheit und ihrem Wohlergehen zu überzeugen. Bei diesen Gelegenheiten habe ich festgestellt, dass sie meine Präsenz sehr schätzen und dass sie sich wünschen, dass ich nun für immer hierbleiben würde. Wenn sie dann jeweils von der Schule zurückkommen, nehme ich mir immer Zeit für sie. Dann reden wir miteinander oder spielen gemeinsam etwas Lustiges. Von meinem Schlafzimmer aus höre ich, wenn sie früh morgens geweckt werden. Und ihre erste Frage lautet dann immer: Ist Mama noch hier? Das Hören zu dürfen gibt mir Stärke! Bei einigen dieser Kinder war ich selbst bei deren Entbindung dabei. Und wenn ich diese Kinder nach sechs, sieben oder noch mehr Jahren betrachte, kommt mir alles wie ein Wunder vor. Sie sind zu einem Teil von mir geworden.

 

MM: Elizabeth, das Projekt ist über die Jahre gewachsen. Und es ist sehr viel Gutes entstanden. Du hast mehr als 20 Jahre in der Schweiz gelebt, und dabei das Projekt von der Schweiz aus geleitet und organisiert. Letztes Jahr ist dann für dich der Zeitpunkt gekommen, an dem du wusstest, dass du zurück nach Kenia ziehen wolltest. Das war ein grosser Schritt für dich, und ich glaube, auch ein sehr wichtiger. Wir möchten gerne von dir wissen, was dieser Umzug für dich bedeutet hat. Vielleicht kannst du uns etwas dazu sagen; bitte erzähle doch mal!

EW: Es war und ist immer noch sehr herausfordernd! Wenn man über 22 Jahre nicht mehr im eigenen Land gelebt hat, dann ist man einfach kein Teil mehr davon! – Doch weil ich glaube, dass Gott mich leitet, ist es etwas einfacher. – Und ich geniesse es, hier zu sein! Elizabeth Wahl mit Kindern in der Schule Der Vereinspräsident des Mumias Kids Centre, Michael Merkt, besuchte diesen Frühling das Kinderheim in Mumias, Kenia. Anlässlich seines Besuches erhältst du eine Abschrift des Interviews von Michael Merkt (MM) mit Elizabeth Wahl (EW), der Leiterin des Mumias Kids Centre in Kenia.

 MM: Was waren denn deine grössten Herausforderungen?
EW: In der Schweiz ist alles organisiert. Zum Beispiel der öffentliche Verkehr, die Arzttermine, oder auch die Pünktlichkeit; vieles funktioniert einfach sehr gut. Aber in Kenia machen alle «ihr Ding» zu ihrer eigenen Zeit. Und das ist eine ziemliche Umstellung und Herausforderung für mich. Doch weil ich mehr als 20 Jahre beim RAV (Regionale Arbeitsvermittlung) gearbeitet habe, habe ich viel von der Schweizer Mentalität gelernt.
Eine weitere Herausforderung ist, in der Gesellschaft wieder angenommen und akzeptiert zu werden. Das fängt schon hier bei Mumias an, bei meinen Mitarbeitern. Sie mussten sich umstellen und akzeptieren, dass «Mama» jetzt nicht nur zwischendurch hier ist, sondern für immer da bleibt. Und mein «Kommando-Ton» ist für mein Umfeld eine Herausforderung. Aber am Ende des Tages lache ich doch immer und bin voller Freude. Die Mitarbeiter akzeptieren inzwischen die neue Situation. Und die Kinder sind auch sehr froh, dass Mama jetzt immer da ist. Wir haben eine gute Zeit zusammen.


MM: Elizabeth, wir stehen jetzt hier vor dem Waisenhaus, in dem sich Kinder in verschiedenen Altersgruppen befinden. Ich kann mir vorstellen, dass sich viele Leute fragen, wie denn der Tagesablauf dieser Kinder aussieht. Vielleicht kannst du einfach einmal beschreiben, was ein Kind an einem ganz normalen Tag erlebt?
EW: Zuerst ist für fast alle Schule. Das heisst, dass die Kinder um 6 Uhr aufstehen müssen. Frühstück ist um 6.30 h und um 7 h fährt sie unser Chauffeur mit dem Bus zur Schule. Diese endet um 16 h. Danach werden sie wieder vom Chauffeur abgeholt. Ungefähr zwischen 18 und 18.30 h ist das Nachtessen und um etwa 20 h ist Schlafenszeit.

 

MM: Was esst ihr hier?
EW: Wir essen hier eigentlich alles, was man in Kenia saisongerecht auf dem Markt finden kann. So benützen wir für vieles unser Maismehl. Das ist für Verschiedenes zu gebrauchen. So machen wir zum Beispiel etwas Ähnliches wie Polenta, hier nennt man es einfach «Ugali». Und wir haben viel verschiedenes Gemüse, das man ebenfalls saisonbedingt erhalten kann.

 

MM: Elizabeth, es gibt mehrere Kinder, die bei uns im Kinderheim waren und mittlerweile erwachsen geworden sind. Was geschieht mit den jugendlichen Erwachsenen ab 18 Jahren?
EW: Gemäss einem neuen Gesetz (für Waisenhäuser) wird von uns verlangt, dass wir die erwachsen gewordenen Jugendlichen kurze Zeit weiter unterstützen müssen. Die Anforderungen an uns nehmen zu und übersteigen unsere finanziellen Möglichkeiten etwas, da wir ja nicht nur die Kinder im Heim betreuen, sondern auch solche, die wir gerne in die Gesellschaft integriert haben möchten. Jeder männliche Kenianer erbt von seinem Vater ein Stück Land, das ihm ab Volljährigkeit gehört. Das gilt allerdings nur für männliche Jugendliche. Selbst wenn es sich bei den Kindern um Waisen handelt, und selbst wenn das Land noch so klein sein sollte, kümmern wir uns darum, dass ihnen das Land nicht von den Onkels oder andern Familienangehörigen weggenommen wird, sondern in ihrem Besitz bleibt.
Das heisst, falls ein junger Erwachsener ein Erbe antreten kann, das ihm die Rückkehr in die erweiterte Familie ermöglicht, müssen wir ihm auf seinem geerbten Gelände ein kleines Lehmhaus von etwa fünf mal fünf Metern (ca 25 m2) bauen, das dann ihm alleine gehört. Damit will der Staat die Selbstständigkeit fördern. Man hofft, dass sich der junge Mann auf Arbeitssuche begibt und in kurzer Zeit eine Stelle findet.
Wenn ein Kind damals ausgesetzt worden ist und kein Zuhause hat, in das es als Erwachsener zurückkehren kann, oder wenn es sich um ein Mädchen handelt, das in Kenia kein Recht auf Land hat, dann müssen wir uns darum kümmern, dass dieser junge Mensch eine Mietwohnung erhält, in der er für mindestens drei Monate leben kann. So lange verlangt der Staat von uns, dass wir uns um die Person kümmern müssen. Diese kurze Zeit, hofft man, genüge, damit jemand eine Arbeitsstelle finden wird und von da an selbstständig leben kann.
Es gibt aber auch solche, die sich noch mehr ausbilden lassen wollen. Wenn sie gut genug sind, schicken wir sie weiter in die Ausbildung. Aber dass sie noch bei uns wohnen, ist nicht mehr möglich. Wir sind ein gutes Team und alle Mitarbeiter helfen mit, dass unsere Kinder in die Adoption freigegeben werden können. Und wir beten dafür, dass die Kinder erfolgreich sein werden an dem Ort, wo sie hinkommen.‍

«Hier entsteht ein Lehmhaus für Paul. Paul musste aufgrund seines Alters das Heim verlassen. Wer kann, packt mit an und hilft mit.»

MM: Und diese kleinen Lehmhäuser, die ihr für sie gebaut habt, wo sind die?
EW: Wir werden die Häuser später noch besichtigen.

 

MM: Man könnte also sagen, dass die Kinder, die das Heim verlassen müssen, weil sie volljährig geworden sind, nicht einfach sich selbst überlassen werden, sondern dass Vorsorge für sie getroffen werden konnte. Einige von ihnen haben einen Beruf gelernt oder arbeiten und können damit auf eigenen Beinen stehen, und andere besuchen eine höhere Schule?
EW: Ja, das ist unser Ziel und auch unser Gebet!

 

MM: Gelingt dies immer?
EW: Nein, das gelingt nicht immer! Das liegt daran, dass unsere ältesten Kinder, die wir seit Beginn unseres Kinderheimes hier haben, aufgrund von Entwicklungsproblemen noch immer hier sind. Das war damals auch der Grund, weshalb wir sie aufgenommen hatten. Man muss sich vorstellen, dass diese jungen Burschen inzwischen schon etwas über dem Volljährigkeitsalter stehen, aber aufgrund ihrer Entwicklungsstörungen zum Teil noch immer zur Grundschule gegangen sind. Und nun verlangt man von ihnen plötzlich, dass sie sich in der Arbeitswelt zurechtfinden sollen. Doch das bereitet ihnen sehr Mühe. Wir hoffen, dass sie doch noch rechtzeitig erkennen können, dass sie nicht aufgeben dürfen und es sich lohnt, sich seinen Platz in der Welt zu erkämpfen. Das ist unser Gebet für sie.



MM: Es ist also nicht in jedem Fall einfach. Gibt es denn auch Fälle, bei denen die Integration in den Arbeitsmarkt gelungen ist?
EW: Ja, die gibt es. Wir haben momentan zwei Fälle, bei denen ein Abnabeln von unserem Kinderheim gelungen ist. Einer davon ist Silvanus, der gerade studiert, und ein weiterer junger und fleissiger Schüler ist Titus. Er ist an einer der besten nationalen Weiterbildungsschulen, die Kenia hat. Er selbst hat darum gekämpft, an dieser Schule aufgenommen zu werden.

MM: Habt ihr keinen Kontakt mehr zu den Erwachsenen, die das MKC verlassen haben?
EW: Doch!

MM: Kommen die zu euch auf Besuch oder wie muss man sich den Kontakt vorstellen?
EW: Sie kommen uns manchmal in ihrer Freizeit besuchen. So habe ich beispielsweise vorhin erfahren, dass Paul gerade hier ist.
MM: Ihr seht, das ist ein Projekt, das wirklich einen Unterschied machen kann im Leben dieser Kinder und Jugendlichen. In vielen Fällen kommen sie auf eine gute Bahn. Anderen fällt es etwas schwerer, Fuss zu fassen. Aber wir sind voller Hoffnung und Zuversicht, so dass wir einfach weiter machen und unser Bestes geben, indem wir in sie und hoffentlich in eine gute Zukunft investieren,‍s o dass sie wirklich auch Gelingen dabei haben.


Elizabeth, vielen Dank für diesen ersten Eindruck von deiner Zeit hier. Wir wünschen dir weiterhin alles Gute!